564. Feist¹⁾. Fett²⁾.
Fett ist eigentlich nur die niederdeutsche Form für das hochdeutsche feist, doch finden sich immerhin gewisse Unterschiede im Gebrauch beider Wörter. Feist deutet bloß die Masse des Fleisches überhaupt an, ohne die Bestandteile genauer zu bezeichnen; fett hingegen benennt diese Bestandteile ausdrücklich; feist geht mehr auf den Anblick, fett auf die Substanz. Feist ist ein Tier wegen des größern Umfanges der Fleischmasse, wenn sie auch aus bloßem, derbem Muskelfleisch besteht, fett in Rücksicht auf die ölige Substanz, die das Zellengewebe aufschwellt, und die man eigentlich das Fett nennt. Man nennt einen Ochsen feist, um die in die Augen fallende große derbe Fleischmasse zu bezeichnen, fett, um auf die Substanz hinzuweisen, aus der sie besteht. Man spricht von einem feisten Bäuchlein, um die volle rundliche Form desselben zu bezeichnen, aber von einem Fettbauche, um die Anhäufung dieser Substanz hervorzuheben. Das Fett oder die fettige ölige Substanz, die sich nicht mit Wasser vermischt und mehr oder weniger klebrig ist, findet sich aber auch in andern Dingen, und so unterscheidet sich fett von feist auch dadurch, daß es nicht bloß, wie feist, von dem tierischen Körper gesagt wird; ja, selbst solche Dinge werden fett genannt, die nur das Ansehen haben, als ob sie fettige Stoffe enthielten. Der Landwirt sagt, die Stoppelbutter sei nicht so fett, als die Maibutter. Man unterscheidet einen fetten Acker von einem magern usw. Fett wird auch uneigentlich gebraucht, feist nicht; fett bezeichnet im übertragenen Sinne überhaupt dasjenige, was viel einträgt, was gut nährt. Man nennt z. B. eine einträgliche Pfründe eine fette Pfründe; eine feiste Pfründe könnte man nicht sagen. Überhaupt wird auch in eigentlicher Bedeutung das hochdeutsche feist von dem niederdeutschen fett immer mehr verdrängt, und dieser letztere Ausdruck ist der weitaus üblichere. — Sinnverwandt mit beiden ist auch der Ausdruck dick. Dick ist aber weit allgemeiner und umfassender als fett und feist. Dick bezeichnet zunächst überhaupt die dritte Form der Ausdehnung, welche ein Körper neben der Länge und Breite (oder Höhe) noch hat, z. B. Ein Brett ist 3 Meter lang, ½ Meter breit und 2 Zentimeter dick; eine Mauer ist 6 Fuß hoch, 100 Fuß lang und 3 Fuß dick usw. Dann bezeichnet dick aber auch die besondere, das gewöhnliche Maß überschreitende Größe dieser Ausdehnung, z. B. ein dickes Buch, ein dickes Paket, ein dicker Mann usw., und nur in diesem letzten Sinne ist es sinnverwandt mit fett und feist. Von fett und feist unterscheidet sieh dick dadurch, daß es an sich nichts über die Substanz aussagt, welche das Dicksein herbeiführt, während die Ausdrücke fett und feist zugleich die Substanz genau bestimmen. Ein gemästetes Tier kann z. B. sowohl dick, als auch fett und feist genannt werden; ein Bein, das infolge einer Entzündung angeschwollen ist, kann jedoch nur dick, nicht fett usw. genannt werden. Eine ausgestopfte Figur kann dick, aber nicht fett sein usw.