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9. Abenteuer¹⁾. Begebenheit²⁾. Ereignis³⁾. Vorfall⁴⁾. Vorgang⁵⁾. Zufall⁶⁾.

1) Adventure.
2) Event.
3) Incident.
4) Occurrence.
5) Incident.
6) Accident.
1) Aventure.
2) Evénement.
3) Incident.
4) Accident.
5) Incident, affair.
6) Hasard.
1) Avventura.
2) Avvenimento.
3) Evento.
4) Incontro.
5) Occorrenza, evento.
6) Accidente.

Alle sechs Wörter bezeichnen etwas, was sich in der Menschenwelt und in der Natur zuträgt, Begebenheit namentlich dann, wenn es wichtig und bedeutsam ist. Ebbe und Flut, ein Hagelwetter, ein Erdbeben sind Naturbegebenheiten. Goethe nennt Begebenheiten „diejenigen auffallenden Ereignisse, die auch den rohesten Menschen erschüttern, seine Aufmerksamkeit erregen und, wenn sie vorüber sind, den Wunsch in ihm beleben, zu erfahren, woher so etwas doch wohl kommen möchte“. Ereignis (eig. Eräugnis, wie noch bei Lessing, aber schon seit dem 16. Jahrhundert Ereignis geschrieben, von ahd. ir-ougen = vor die Augen stellen, zeigen) ist überhaupt alles, was in die Erscheinung tritt, was wahrnehmbar wird; man kann wohl von einer dunklen Begebenheit, nicht aber von einem dunklen Ereignis sprechen. „Das Unzulängliche, | hier wird’s Ereignis“ (Goethe, Paust II, Schluß). Vorgang hebt das allmähliche sich Entwickeln eines Ereignisses hervor. Vorfall bezeichnet das plötzliche Hereintreten eines solchen, wodurch der ruhige Gang unserer Tätigkeit unterbrochen wird; daher nicht selten die Nebenbedeutung des Hindernden, des Unangenehmen in dem Worte mit durchklingt. Auch trägt sich ein Vorfall gewöhnlich unter einzelnen Personen oder in einzelnen Gesellschaftskreisen zu; durch einen unangenehmen Vorfall kann z. B. ein Fest gestört werden. Einen solchen Vorfall, der entweder in unangenehmer oder erheiternder Weise den Verlauf irgend einer Handlung unterbricht, nennt man einen Zwischenfall, z. B. „Bei dem Feste ereignete sich ein störender Zwischenfall; die letzte Reichstagssitzung wurde durch einen erheiternden Zwischenfall unterbrochen.“ Häufig gebraucht man für einen solchen Zwischenfall auch das Fremdwort Episode; doch wird Episode namentlich im ästhetischen Sinne für zufällige Einschiebsel gebraucht, die den Gang der Handlung in einem Epos oder Drama unterbrechen und keinen wesentlichen Bestandteil der betreffenden Dichtung bilden. Das einfache Wort Fall bezeichnet immer einen einzelnen Umschwung, der in einem bestimmten Ereignis zutage tritt, und dient daher namentlich den Juristen und Ärzten zur Benennung einzelner bestimmter Ereignisse, die einer bestimmten Gattung von Verbrechen oder Krankheiten zugehören, z. B. dieser Taschendiebstahl ist der erste Fall dieser Art in unserer Stadt; heute sind bei uns drei Cholerafälle vorgekommen; ein interessanter, seltsamer, merkwürdiger, schlimmer, bedeutender, wichtiger, vereinzelter, besonderer Fall. Dann wird das Wort Fall aber überhaupt auch von jedem anderen Ereignisse gebraucht, das als Beispiel für eine ganze Gattung dient, z. B. In unserer Nachbarstadt hat sich ein solcher Fall zugetragen, ein Unglücksfall, ein Glücksfall, ein Fall der Not (hier tritt schon die Bedeutung der Lage, der Bedingung in den Vordergrund) usw. Veraltet ist der Gebrauch des Fremdwortes Kasus in diesem Sinne. Noch Goethe sagt (Faust I): „Der Kasus macht mich lachen.“ Heute ist das Fremdwort Kasus in diesem Sinne nicht mehr üblich; es dient nur noch zur Bezeichnung der grammatischen Fälle. In den Ausdrücken: auf alle Fälle, für den Fall, in allen Fällen berührt sich das Wort Fall mit Zufall und deutet die vielfach wechselnden Zufälle, die verschiedenen Lebenslagen an, in die wir geraten können. In diesem Sinne gebraucht man auch das Fremdwort Eventualität, das jedoch fast immer durch Zufall verdeutscht werden kann, z. B. Man muß alle Eventualitäten (d. i. möglichen Fälle, Zufälle) ins Auge fassen. Eventualität ist ein lat. Wort, das erst in unserem Jahrhundert als Fremdwort bei uns eingedrungen ist; das siebzehnte Jahrhundert kannte nur das Adverbium eventualiter, ein Wort, das z. B. in Casp. von Stielers Zeitungs-Lust und Nutz 1695, sowie in Speranders à la mode-Sprache der Deutschen 1727 und 1728 vorkommt, während im 18. Jahrh. das Adjektivum eventuell (aus frz. eventuell) als Fremdwort bei uns in Gebrauch kam. Zufall weist auf das Unabsichtliche und Unvorhergesehene hin. Abenteuer (von mhd. âventiure, aus frz. aventure, mittellat. adventura, zu mlt. advenire, sich ereignen) ist ein ungewöhnliches, besonders von Gefahren begleitetes Ereignis. — Etwas Geschehenes schlechthin heißt auch Geschehnis, während man ein Reihe von Geschehnissen, sowie auch den Bericht darüber eine Geschichte nennt. Der Ausdruck Geschichte meint vorzüglich solche Begebenheiten, die zu Personen in Beziehung stehen, z. B.: Das ist eine schlimme, eine dumme Geschichte, die mir da passiert ist, u. ähnl. Ein Begebnis ist sowohl das, was sich begeben hat, als auch die Tätigkeit des Sichbegebens. Ein einzelnes Ereignis, das einem widerfährt, nennt man ein Begegnis. Durch Begegnis wird also immer die Beziehung auf eine Person hervorgehoben. Auch das Wort Befahrnis, das den Nachdruck darauf legt, daß einem etwas widerfährt, kommt vor; doch ist es nur ganz vereinzelt bei Dichtern zu finden. Befahrnis gehört zu dem Verbum befahren, d. i. eigentlich: eine Gefahr fürchten, dann überhaupt: befürchten, Besorgnis hegen, riskieren. Befahrnis hat also ursprünglich die Nebenbedeutung der Gefahr und dann der Befürchtung oder Besorgnis, später aber überhaupt die Bedeutung eines uns widerfahrenden Ereignisses. Was im Laufe eines Ereignisses vorzukommen pflegt, wird Vorkommnis genannt. So spricht man von den einzelnen Vorkommnissen bei einem Erdbeben, bei einer Überschwemmung, einer Feuersbrunst usw. Goethe spricht von den „gewöhnlichen Lebensvorkommnissen“. Häufig versteht man aber unter Vorkommnis einen unliebsamen Vorgang, namentlich in der Amtsführung jemandes u. ähnl., wie man ja auch schlechtweg sagt: „Daß mir nur ja nichts vorkommt!“ (womit man meint: nichts Pflichtwidriges, Unangenehmes). Der Beamte wurde wegen verschiedener Vorkommnisse entlassen.