22. Abgeordneter¹⁾. Abgesandter, Gesandter²⁾. Botschafter³⁾. Deputierter⁴⁾.
Alle vier Worte bezeichnen Personen, die mit wichtigen Aufträgen an hochgestellte Persönlichkeiten oder Korporationen abgeschickt werden. Gesandte werden nur von Regierungen oder Landesherren an ebensolche geschickt, z. B. der deutsche Gesandte am russischen Hofe. Abgesandter bedeutet dasselbe, nur hebt es mehr den die Gesandtschaft Abschickenden hervor, z. B. ein Abgesandter des Kaisers; gegenwärtig ist es in der Sprache der Diplomatie fast ganz durch Gesandter verdrängt worden und ist im Veralten begriffen. Unsere Zeit des raschen Handelns gibt gern dem kürzeren Worte den Vorzug. „Ach, ich hab keinen anderen Gesandten!“ (Schiller, Maria St. III,1). Botschafter wird oft gleichbedeutend mit Gesandter gebraucht, besonders bezeichnet es aber einen Gesandten, der ein ganz bestimmtes Interesse an einem auswärtigen Hofe zu vertreten hat. So gebraucht man diesen Ausdruck z. B. bei der Pforte und beim päpstlichen Stuhl, weil es sich bei einer Gesandtschaft von oder zu diesen Mächten fast stets um die Erörterung ganz bestimmter Fragen handelt, z. B. der deutsche Botschafter in Konstantinopel, der türkische, der pästliche Botschafter in Wien usw. Botschafter bezeichnet daher gegenwärtig einen höheren Rang als Gesandter. Abgeordnete werden von Kollegien und Korporationen als ihre Vertreter an die Regierung oder den Landesherrn selbst oder an andere Kollegien oder Korporationen usw. geschickt, oder vom Volke als Vertreter gewählt, z. B. Landtagsabgeordnete. — Aus älterer Zeit hat sich noch das Wort Deputierter erhalten (von lat. deputare, anweisen, zu etwas bestimmen). Dieses Wort wird heute noch gern gebraucht von solchen Personen, die von einem Verein, einer Gemeinde, einem Parlament usw. zu einem bestimmten Zwecke, z. B. zu einer Begrüßung, zum Besuch eines Kongresses, zur Vertretung bestimmter Wünsche in einer Abordnung an einen Fürsten, Minister usw. oder zur ständigen Mitwirkung in einem dauernd oder vorübergehend eingesetzten Ausschusse, einer Deputation, wie man früher zu sagen pflegte und zuweilen auch noch heute sagt, gewählt werden. Im sächsischen Landtage nennt man die einzelnen beratenden Ausschüsse, die beim Reichstage Kommissionen heißen, noch heute Deputationen, z.B. Finanzdeputation, Gesetzgebungsdeputation usw. In Preußen heißen die Schulausschüsse der Stadtgemeinden Schuldeputationen und die Ausschußmitglieder natürlich Deputierte. Das Wort Deputierter hat also eine dreifache Bedeutung: 1. Abgeordneter, d. i. Mitglied eines Parlamentes, eines Gemeinderats; in diesem Sinne gebraucht man es namentlich, wenn man von französischen, italienischen usw. Verhältnissen spricht; 2. Mitglied einer Vertretung zu einem bestimmten Zwecke, z. B. einer Deputation zur Begrüßung eines Fürsten, zu einer Festfeier usw.; 3. Ausschußmitglied. In dem dritten Sinne können die Worte Abgeordneter, Abgesandter, Gesandter, Botschafter nicht gebraucht werden; in dem ersten und zweiten Sinne kann dagegen auch das Wort Abgeordneter gebraucht werden, da man für das Wort Deputation im zweiten Sinne neuerdings das Wort Abordnung zu gebrauchen pflegt. Die Hauptverwendung des Wortes Abgeordneter ist jedoch die in dem Sinne von Parlamentsmitglied. Eine ältere Form für Abgeordneter ist das Wort Verordneter, das aber nur noch in dem Worte Stadtverordneter, d. i. Mitglied eines Stadtparlaments, Vertreter der Bürgerschaf t, Gemeindebevollmächtigter, erhalten ist.