210. Ausschweifend¹⁾. Zügellos²⁾. Liederlich³⁾.
Wer über die Gesetze der Mäßigkeit planlos hinausgeht, ist ausschweifend, und zwar kann er dies, wie auch zügellos, sowohl im Denken als im Wollen sein. Daher redet man von einer ausschweifenden Phantasie, einer ausschweifenden Lebensweise u. dgl. m. Wer aber ausschweift, kann sich wieder in die Schranken der Mäßigkeit zurückfinden; der Zügellose aber ist im höchsten Maße ausschweifend, so daß er alle Selbstbeherrschung, alle Selbständigkeit und allen Halt im Wollen und Denken verloren hat. „Die Zügellosigkeit dieser Spanier brachte den gemeinen Mann zur Verzweiflung.“ Schiller, Abf. der Niederl. Liederlich (mhd. liederlich, leicht, zierlich, leichtfertig; die Schreibweise lüderlich beruht darauf, daß man das Wort zu Luder in Beziehung setzte) bezeichnet einen hohen Grad der Leichtfertigkeit, auch das Formlose, Wirre in der äußeren Erscheinung, z. B. liederliche Kleidung, liederliche Schrift usw. Auf die Tätigkeit des Denkens und der Phantasie wird es weniger angewendet, mehr auf den Lebenswandel und äußerliches Tun. „Der Vetter kommt, und ich sehe gar zu liederlich aus.“ Goethe, Egm. I, 3. Verlottert ist mit liederlich gleichen Stammes; es ist der stärkste Ausdruck von allen und bezeichnet, daß jemand durch liederlichen Lebenswandel körperlich und moralisch ganz heruntergekommen ist. Von verlotterten Zuständen spricht man da, wo Ordnung und Disziplin fehlen.