176. Auflage¹⁾. Abgabe²⁾. Auflage (eines Buches)³⁾. Ausgabe⁴⁾.
Abgabe bezeichnet das, was der einzelne von seinem Eigentums zur Erhaltung des Staates gibt, Auflage (= das, was jemandem aufgelegt wird) die Steuer, welche der Staat von bestimmten Gegenständen erhebt. Es würden daher alle direkten Auflagen zugleich Abgaben sein, als Kopfgeld, Vermögenssteuer usw. Die indirekten Auflagen, die von der Konsumtion der Lebensmittel oder für den Gebrauch und Genuß anderer Bedürfnisse gegeben werden als Akzise, Zoll, Servis usw. sind Abgaben für den Verkäufer und Vermieter, und Auflagen für alle übrigen Bürger, die diese Abgaben nicht unmittelbar an die Obrigkeit entrichten, sondern nur alle diese Dinge, wegen der davon zu entrichtenden Abgaben teurer bezahlen. Abgabe wäre demnach alles, was nach dem Verhältnis einer gewissen Einnahme gegeben werden muß, es sei die Verbindlichkeit dazu freiwillig übernommen oder nicht, es werde der Obrigkeit oder einem anderen gegeben, Auflage ist das, was von der höchsten Obrigkeit zur Bestreitung der öffentlichen Ausgaben verlangt wird. Auflage ist im Veralten begriffen und wird gewöhnlich durch Steuer ersetzt. Sofern Auflagen und Abgaben etwas sind, das von dem, der sie zu entrichten hat, getragen werden muß und häufig schwer und drückend empfunden wird, werden sie Lasten genannt. Doch hat der Begriff Lasten noch einen weiteren Umfang als Auflage und Abgabe, indem er überhaupt alles bezeichnet, was geleistet werden muß, auch zu leistende Arbeit u. ähnl., z. B. Fronarbeit, Kriegsfuhren u. a. — Das Wort Auflage entspricht übrigens dem Fremdworte Impóst (mittellat. impostus, d. i. tributum impostum, eig. das Aufgelegte; dieses Wort ging ins Italienische über als imposto, neuit. imposta, sowie ins Französische: altfrz. und prov. impost, neufrz. impôt, und bedeutete in allen diesen Sprachen: die Auflage, Abgabe, namentlich auch die Warensteuer). Wahrscheinlich rührt das Wort von den italienischen Finanzleuten her, die es dann auch in Frankreich einführten, und namentlich ist das deutsche Wort Auflage nichts anderes als eine Übersetzung des fremden Wortes Impost.
Das Wort Auflage wird auch noch in einem anderen Sinne gebraucht; es bezeichnet nämlich auch die Gesamtheit der auf einmal für die Verbreitung unter der Lesewelt gefertigten Abdrücke einer Schrift. In diesem Sinne kann das Wort Abgabe nicht stehen, wohl aber wird hier in sinnverwandter Bedeutung das Wort Ausgabe gebraucht. Das Wort Auflage bezeichnet die Abzüge als auf die Presse gelegt und gedruckt, das Wort Ausgabe als ausgegeben in die Lesewelt. Auflage kann man daher nur von Druckwerken sagen; in einer Zeit, in der die Bücher nur durch Abschreiber hergestellt und nicht durch den Druck vervielfältigt wurden, konnte es daher auch nur Ausgaben, aber nicht Auflagen von Büchern geben. So kann man, wenn man von den Alten spricht, z. B. von den Verlegern des Horaz, den Gebrüdern Sosii zu Rom, genau genommen nur von Ausgaben (lat. editiones) der Schriften des Horaz sprechen. „Eine vollkommene Ausgabe (der Werke des Homer), von der die unsrigen genommen sind, verfertigte Aristoteles für Alexander den Großen, der sie unter seinem Hauptkissen in einer goldenen Kapsel zu verwahren pflegte.“ Joh. v. Müller, Allgem. Gesch. I, 13. Heute, wo kein Buch mehr durch Abschreiben, sondern allein durch den Druck vervielfältigt wird, beziehen sich beide Ausdrücke, Ausgabe wie Auflage, gleicherweise auf gedruckte Werke. Auflage bezieht sieh immer auf die Gesamtheit als solche, Ausgabe auf die Form des Erscheinens, unter der die äußere oder innere Ausstattung, das Format des Werkes, zuweilen auch die Veränderung des Inhalts zu verstehen ist. So spricht man von der Höhe einer Auflage (d. i. Zahl der gedruckten Exemplare), aber nicht von der Höhe einer Ausgabe. Dagegen veröffentlicht ein Gelehrter eine Ausgabe eines Dichterwerkes, z. B. des Homer, Horaz, Schillers, Goethes usw., d. h. er läßt die betreffenden Dichterwerke in einer ganz bestimmten auf seinen gelehrten Forschungen beruhenden Form, z. B. mit revidiertem Text, mit Einleitung und Erklärung usw. erscheinen. Von einem Werke erscheint eine Quart- und eine Oktavausgabe, eine Volksausgabe und eine Prachtausgabe, eine Ausgabe in deutscher, eine in französischer und eine in italienischer Sprache. Von einem älteren Dichtwerke gibt es Ausgaben mit Erklärungen und ohne solche. Manche Zeitungen erscheinen in einer Morgen- und Abendausgabe. In allen diesen Fällen, die sich lediglich auf die Form des Erscheinens beziehen, kann Auflage nicht gebraucht werden. Wohl aber kann man von einer neuen, vermehrten und verbesserten Auflage und Ausgabe sprechen, wo dann der Ausdruck Auflage auf den erneuerten Druck, der Ausdruck Ausgabe auf die Erneuerung des Ausgebens und zugleich auf die Veränderung des Inhalts hinweist.