137. Anziehen¹⁾. Ankleiden²⁾. Anlegen³⁾. Antun⁴⁾.
Ankleiden (Gegens. auskleiden, entkleiden) drückt allemal das Anziehen der ganzen Kleidung und aller dazu gehörigen Stücke aus; anziehen (Gegens. ausziehen) und anlegen (Gegens. ablegen) kann aber nicht nur von der Kleidung überhaupt, sondern auch von den verschiedenen einzelnen Stücken gesagt werden. Gebraucht man anziehen gleichbedeutend mit ankleiden (wie: Er pflegt sich sogleich des Morgens fertig anzuziehen oder anzukleiden), so ist ankleiden der edlere Ausdruck (Hildebrand, Grimm V, 1070: „Kleid erscheint mhd. fast wie ein höfisches Wort, das auch fernerhin einen gewissen Adel bewahrt hat“). „Müdigkeit läßt Speis’ und Trank vergessen, | daß er angekleidet sich aufs Bette legt“ (Goethe, Braut v. Korinth). Von einzelnen Kleidungsstücken gebraucht man nur die Wörter anziehen und anlegen, und es müssen alsdann die Kleidungsstücke ausdrücklich benannt werden. Hier ist jedoch wieder anlegen gewählter und feierlicher als anziehen. Wenn unsere Vorfahren bei großen Feierlichkeiten erscheinen wollten, so legten sie auch mit echten Perlen gestickte Schuhe an. Anziehen wird in dieser letzteren Bedeutung bloß von Kleidungsstücken, anlegen auch von dem Geschmeide gebraucht. So sagt man: die Waffen (Rom. 13, 12), den Degen, die Ohrringe, das Halsband von Perlen anlegen. Ebenso sagt man: Trauer anlegen, für: anfangen, Trauerkleider zu tragen. Man sagt aber nicht: den Degen, die Waffen, sein Geschmeide anziehen. Anziehen ist mehr im gemeinen Leben gebräuchlich und bezieht sich hauptsächlich auf die Kleidungsstücke, die notwendig angelegt werden müssen. Kleider antun oder mit Kleidern angetan sein (passivisch) ist alter Sprachgebrauch, der heute nur noch in volkstümlicher oder in poetischer Sprache vorkommt, z. B. heißt es in Luthers Sprache: „Tue deine Schuhe an!“ In Sammet und in Seide war er nun angetan“, Goethe, Faust I. Auerbachs Keller. Vom Schmuck wird es heute noch in der Umgangssprache verwendet, z. B. eine Kette, ein Geschmeide antun, sonst ist es nicht mehr üblich.