206. Ausmachen¹⁾. Beilegen²⁾. Entscheiden³⁾. Schlichten⁴⁾.
Einen Streit ausmachen bedeutet, ihn durch Gewalt endigen; geschieht es aber durch den richterlichen Spruch der obrigkeitlichen Gewalt, so sagt man entscheiden (eig. absondern, zerlegen). Wir haben das mit dem Degen ausgemacht, was wir hätten durch die Obrigkeit entscheiden lassen sollen. Der Mißbrauch der Selbsthilfe und die fortgesetzte Erneuerung desselben Streithandels hat die Streitenden endlich bewogen, ihre Sache nicht mehr selbst auszumachen, sondern sie von der Obrigkeit entscheiden zu lassen. Man sagt zwar noch von zwei Streitenden, daß sie ihre Sache mit dem Degen entschieden haben. Das bezieht sich aber teils auf die alte Sitte, daß man ehemals in den Gerichten den Zweikampf gebrauchte, um dadurch zu bestimmen, auf welcher Seite das Recht sei; teils bezieht es sich auf die noch immer fortdauernde Verabredung, daß der Überwundene seine Ansprüche an seinen Gegner aufzugeben habe. Als die entscheidende Instanz dachte man sich die Gottheit; derselbe Glaube lag zugrunde, wenn man etwas durch das Los entscheiden ließ. Man gebraucht beide Wörter auch von bloßen Meinungen; alsdann geht ausmachen bloß auf das Beendigen des Streites über eine gewisse Wahrheit, entscheiden aber auf die Festsetzung eines von den beiden Gegensätzen. Es ist entschieden, daß die Erde sich um die Sonne bewegt, heißt: es ist bewiesen, es ist zu einer befriedigenden Gewißheit gebracht; es ist ausgemacht, heißt: Der Streit über diese Frage ist beendigt, so daß sich vernünftigerweise dagegen kein Zweifel mehr erheben kann. Einen Streit schlichten (eig. schlicht, d. i. glatt, gerade, eben machen) bedeutet ebenfalls, ihn beendigen; aber nicht mit Gewalt, sondern auf gütliche Weise. Man wird nicht sagen: Sie haben ihren Streit durch einen Zweikampf oder mit dem Degen geschlichtet; und wenn es von einer richterlichen Entscheidung gebraucht wird, so sieht man dabei auf die Vereinigung der Gemüter. Zwei Personen waren bisher durch einen Streit voneinander getrennt; durch den richterlichen Spruch ist die eine Partei von der Ungültigkeit ihrer Ansprüche überzeugt worden und hat sich mit ihrem Gegner wieder vereinigt, ihr Streit ist geschlichtet. Beilegen geschieht durch gütlichen Vergleich. In einem gütlichen Vergleiche läßt man es ungewiß, wer von den beiden streitenden Teilen recht habe, und ein jeder derselben erklärt, daß er freiwillig seine Ansprüche aufgebe. Ein Streit konnte auch ohne richterlichen Spruch geschlichtet, aber nicht entschieden werden; durch einen richterlichen Spruch konnte er geschlichtet werden, aber dann konnte man nicht sagen, daß er beigelegt sei. Ein friedliebender Mann wird immer geneigt sein, lieber seine Streithändel beilegen zu lassen, als sie mit den Waffen auszumachen, oder es abzuwarten, daß sie durch richterliche Entscheidung geschlichtet werden.