103. Anmaßung¹⁾. Anspruch²⁾.
Anspruch (von ansprechen = an jemand Worte richten, dann aber auch: fordern, verlangen) drückt überhaupt das Verlangen nach einem Gegenstande aus und läßt unbestimmt, ob dieses Verlangen berechtigt oder unberechtigt sei, z. B. Anspruch auf Dankbarkeit haben, große Ansprüche an das Leben machen, Anspruch auf ein Erbe, eine Summe usw. erheben. Anmaßung ist dagegen nicht ein bloßes Verlangen, sondern das unbefugte Befriedigen einer unberechtigten Forderung, z. B. Anmaßung eines Rechtes, eines Amtes usw. Anmaßung sagt also mehr wie Anspruch und wird immer in tadelndem Sinne verwandt. Wenn daher beide Wörter von dem Charakter eines Menschen gebraucht werden, so drückt es einen höhern Grad der Bescheidenheit aus, wenn man von jemand sagt: Er ist ohne alle Ansprüche, als wenn man sagt: er ist ohne Anmaßung.