144. Arglistig¹⁾. Listig²⁾. Verschlagen³⁾. Verschmitzt⁴⁾. Schlau⁵⁾.
Listig (von mhd. der list = Klugheit, Weisheit, Kunst, mit lehren, lernen und leisten verwandt, dann Schlauheit usw.) drückt die Geschicklichkeit aus, seine Zwecke, die andere verhindern könnten, durch gut gewählte Mittel im Verborgenen sicher zu erreichen. Es war eine List des alten Löwen, daß er die Tiere in seine Höhle berief, da er nicht mehr auf den Raub ausgehen konnte. „Mit listiger Redekunst“ (Schiller, Turand. I,1). Zu der List gehört eine große Geschicklichkeit sowohl in Erfindung sinnreicher Entwürfe, als in der glücklichen Ausführung derselben. Wer die erstere besitzt, ist verschlagen (von mhd. verslahen, das auch bedeutete: betrügerische Gaukeleien treiben, betrügen). „Ein Verschlagener war und heimlicher, wer dich besiegte | an vielfältiger List (Voß, 1806, 13, 291). Die Verschmitztheit (von schmitzen = mit der Spitze einer dünnen Rute schlagen; verschmitzt ist gleichsam der, welcher mit allen Ruten gestrichen ist, das Partizip zu einem alten Verbum: verschmitzen, d. i. abrichten, unterrichten) ist die feinere List, zu der kein Mut, keine Kühnheit und kein Unternehmungsgeist gehört, und die vielmehr oft den Mangel dieser männlichen Eigenschaften ersetzt. Daher hat es oft den Nebenbegriff von Verächtlichkeit und wird nur von Feigen gebraucht, die den Mangel des Muts durch Verschmitztheit ersetzen. Man wird diese Eigenschaften am meisten Personen vom schwächern Geschlechte beigelegt finden. „Eine verschmitzte und selbstsüchtige Kokette“ (Goethe, Dicht. u. W. II,6). Schlau (eig. mit List auf Gewinn bedacht, kommt ahd. u. mhd. nicht vor, aus dem niederd. slû, wahrscheinlich zur Wurzel slah, schlagen, gehörig, wie verschlagen) enthält besonders den Begriff der geschickten Ausführung der Anschläge und sagt mehr als listig. Man sagt: ein schlauer Fuchs, schlauer Betrüger, Dieb, Gauner usw. Arglistig kann nur da gebraucht werden, wo von einer List die Rede ist, welche das Verderben eines andern zum Zwecke hat, und wenn dazu die schändlichsten Mittel angewendet werden, so daß beides, die Absicht und die dazu gebrauchten Mittel, von einer tiefen Bosheit des Herzens zeugen. „Bis in den Schoß der Mutter fürchtet ihr | der Arglist Schlingen?“ (Schiller, Br. v. Mess. I, 4.) „Da lächelt der König mit arger List“ (Schiller, Bürgschaft). — Neben arglistig ist auch hinterlistig sehr üblich, das namentlich das Versteckte, Heimliche, Lügenhafte und Tückische hervorhebt, mit der eine aus Bosheit hervorgehende Betrügerei ins Werk gesetzt wird. „Die Fuchsschwänzerei und Hinterlistigkeit der Höflinge“ (Wilhelm Müller). Wie man einen schlauen Kunstgriff, der zur Erreichung eines Zweckes angewandt wird, einen Pfiff nennt, so heißt der, welcher sich auf solche Kunstgriffe, auf Pfiffe und Kniffe, versteht, ein Pfiffiger Mensch, auch ein Pfiffikus. Pfiffig hebt das Feinlistige und Gewandte in der Ausführung hervor; das Hauptwort dazu ist Pfiffigkeit, Etwas schlimmes wie in arglistig und hinterlistig liegt in dem Worte pfiffig nicht; es hat vielmehr gewöhnlich die Nebenbedeutung des Harmlosen. Verbindungen wie: ein pfiffiger Kerl, ein pfiffiger Bursche, ein pfiffiger Patron u. ähnl. sind in der Umgangssprache häufig.