25. Abgott¹⁾. Götze²⁾. Götzenbild³⁾.
Abgott ist irgend ein lebendiges oder lebendig gedachtes Wesen, dem fälschlich göttliche Ehre erwiesen wird; Götze ist das von Menschenhänden gemachte Bild eines solchen Gottes, sofern es wirklich verehrt wird. Wenn man daher sagt: Brahma, Vishnu sind Abgötter der Hindus, so heißt das: es sind dies falsche Gottheiten, die sie anbeten. Sagt man: es sind ihre Götzen, so heißt es: es sind die Bilder von diesen falschen Gottheiten, die sie zur Verehrung in ihren Tempeln aufgestellt haben. In übertragener Bedeutung wird Abgott namentlich von lebenden Wesen, Götze besonders von toten Dingen gebraucht, die in übertriebener Weise verehrt oder geliebt werden. „Lafayette, vor kurzem der Abgott seiner Nation“ (Goethe). „Des Lagers Abgott und der Länder Geißel“ (Schiller, Wallenst. Prol. 8). „Ein Mädchen, das zwischen seinem Gott und seinem Abgott (d. i. Geliebten) wählen soll“ (Lessing, Hamburgische Dramaturgie). „Hau deinen Götzen mutig um, er sei Geld, Wollust oder Ruhm“ (Claudius). Daher zeigt Götze oft auch etwas Verächtliches an, namentlich in den Wendungen: stummer Götze, toter Götze, z. B. Ihr seid „hingegangen zu den stummen Götzen“ (1. Cor. 12,2). Götzenbild ist jede bildliche Darstellung eines Abgottes oder Götzen, ohne Rücksicht darauf, ob man sie zur Verehrung gebrauche oder nicht. In unsern mythologischen Büchern haben wir Götzenbilder, welche uns die Gestalt der ehemaligen Götzen zur Anschauung bringen. Man kann also die alten Statuen der heidnischen Gottheiten, welche noch unter uns in den Sammlungen von Altertümern aufbewahrt werden, Götzen nennen in Rücksicht auf das, was sie in den Tempeln den Heiden waren; man kann sie auch bloße Götzenbilder nennen, die uns zeigen, unter was für einer Gestalt die Heiden ehemals diese oder jene Gottheit angebetet haben. — Ein falscher Gott wurde im älteren Deutsch auch ein Aftergott genannt; das Wort hebt besonders den Gegensatz zu dem einen wahren Gott hervor. Die alte Präposition after, d. i. hinter, nach, die bereits in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts außer Gebrauch kam, bezeichnet ursprünglich das Nachfolgende, dann aber auch das Nachgeahmte, in zweiter Linie Stehende, Schlechtere. So nannte Luther den Dienstag Aftermontag, den Tag nach dem hohen Sabbath Aftersabbath. Der Nachmieter, der von einem bereits zur Miete Wohnenden mietet, heißt noch heute Aftermieter. Eine Kopie hieß früher im Gegensatz zum Urbild Afterbild; bei dem Worte tritt zugleich die Bedeutung des Geringeren, weniger Wertvollen mit auf; so auch: Aftergröße, d. i. Scheingröße, eingebildete, falsche Größe, Afterweisheit, Aftermuse (Schiller), d. i. die falsche Muse, Afterkönigin, d. i. falsche, unrechtmäßige Königin usw. „Mein Herz, das lang genug an Aftergöttern hing“ (Gotter). — Das Fremdwort das Idol geht auf griech. eidolon, d. i. Bild, Trugbild, lat. idolum zurück, und dieses wieder kommt her von griech. eidos, d. i. Gestalt; das lat. idolum ging in die romanischen Sprachen über: frz. idole, ital. idolo und drang dann auch als Fremdwort ins Deutsche ein, wie es ja auch im Englischen sich findet; es bezeichnet gegenwärtig gewöhnlich ein Götzenbild, namentlich in übertragener Bedeutung ein falsches Ideal, dem jemand nachstrebt. In dem ursprünglichen Sinne von Zauberbild, Trugbild gebraucht es noch Goethe im Faust, wo Mephistopheles im ersten Teile (Walpurgisnacht) von der Vision, in der Faust Gretchen als gefangene Verbrecherin zu sehen glaubt, sagt: „Laß das nur stehn! Dabei wird’s niemand wohl. Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.“ Das Wort Idol ist gegenwärtig höchstens noch in dichterischer Sprache hier und da einmal in Gebrauch, aus der üblichen Prosa ist es ganz verschwunden. Nur im gelehrten Stile kommt es in Zusammensetzungen, namentlich in der Kirchengeschichte, noch vor, z. B. Idololáter, m., ein Götzendiener; Idololatrie oder Idolatrie, f., die Abgötterei, der Bilderdienst u. a.