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211. Ausstehen¹⁾. Überstehen²⁾. Ertragen³⁾. Leiden⁴⁾. Erleiden⁵⁾. Dulden⁶⁾. Erdulden⁷⁾. Aushalten⁸⁾.

1) & 2) To stand, endure.
3) Endure, bear.
4) Suffer.
5) Undergo.
6) Bear tolerate.
7) Bear (the inseparable prefix „er“ giving greater force to the expression).
8) Stand, endure (any thing to the end).
1) Souffrir.
2) Endurer.
3) Supporter.
4) Souffrir.
5) Pâtir.
6) Tolérer (souffrir).
7) Essuyer (endurer).
8) Soutenir (persévérer).
1) Soffrire (sostenere).
2) Durare (sino alla fine; superare una malattia).
3) Sopportare.
4) Soffrire.
5) Patire.
6) Tollerare (sopportare).
7) Patire con rassegnazione.
8) Sostenere sino alla fine (reggere).

Leiden sagt man von jedem, den irgend ein Übel trifft ohne Rücksicht auf sein Verhalten und seine Gemütsverfassung. So sagt man: Bei diesem Brande haben viele Menschen gelitten; das will bloß sagen: Das Unglück hat viele betroffen. Daher gebraucht man es auch von leblosen Gegenständen, z. B.: Bei dem letzten Erdbeben haben viele Häuser gelitten, d. h. sie sind beschädigt worden. Ausstehen und ertragen zeigt zugleich das Verhältnis des Leidenden zu den Übeln an, die er zu leiden hat; und zwar ausstehen besonders das Verhältnis seiner Kräfte, die hingereicht haben, um nicht dem Drucke der Leiden zu erliegen. Dieser Nebenbegriff sticht noch mehr in dem Worte überstehen hervor. Man sagt: Er hat seine Strafe ausgestanden oder überstanden; er hat diese gefährliche Operation ausgestanden oder überstanden; das letztere bezieht sich nur auf das Ende, das erstere aber auf die ganze Dauer derselben bis zu ihrem Ende. Ertragen enthält außer dem Begriff der hinreichenden Kräfte den Nebenbegriff von etwas Freiwilligem, indem wir teils einem Übel, das wir ertragen, dadurch ein Ende machen können, daß wir uns ihm entziehen, teils es in unserer Gewalt steht, wie wir ein Übel ertragen. — „Portia sah den Göttlichen leiden, konnte den bangen Anblick nicht länger ertragen.“ Klopstock, Mess. „ ... Ich habe | ertragen, was ein Mensch ertragen kann. | Fahr hin, lammherzige Gelassenheit!“ Schiller, Mar. St. III, 4. Daher wird man von einem Verbrecher nicht sagen, daß er seine Strafe erträgt, statt, daß er sie aussteht; denn er kann sie nicht nach Gefallen endigen, wohl aber, daß er sie mit Geduld, mit Demut usw. erträgt. Aus eben diesem Grunde bezieht sich ausstehen mehr auf den physischen Schmerz, ertragen auf die Ungerechtigkeit desjenigen, der ihn zufügt. Ich kann seine Mißhandlungen nicht mehr ausstehen, heißt: sie erschöpfen meine Kräfte, ich werde darunter erliegen; ich will sie nicht länger ertragen, heißt: sie empören mich gegen seine Bosheit und reizen mich zum Unwillen. Dulden enthält meistens den Nebenbegriff der aus der Unschuld hervorgehenden Gelassenheit. Wer ein Leiden duldet, der hat es nicht verdient, und trägt es ohne Unzufriedenheit, ohne Unwillen und ohne Murren. Man kann daher von einem Verbrecher nicht sagen, daß er dulde, und es ist ebenso sprachwidrig als unmoralisch, wenn ein Romanschreiber von einem Weibe, das ihre Nebenbuhlerin vergiftet hatte und darüber Gewissensbisse empfand, mit falscher Empfindsamkeit ausruft: „Gott! wie groß muß dann das Leiden der Dulderin gewesen sein!“ Wie kann eine Giftmischerin eine Dulderin sein? Soll sie etwa keine Gewissensbisse haben? Dann wäre sie noch abscheulicher. Wenn wir dulden und hoffen, so werden wir unsere Leiden leichter ertragen; und wenn wir sie ausgestanden haben, so werden wir mit froher Wehmut auf sie zurückblicken. Dann aber bedeutet dulden auch überhaupt, etwas geschehen lassen, ohne etwas dawider zu tun, so daß der Begriff des Leidens ganz in den Hintergrund tritt. „Sie (die Frau von la Roche) war mild gegen alles und konnte alles dulden, ohne zu leiden.“ Goethe, Dicht. u. W. III, 13. „Man erträgt leichter die Unbequemen, als man die Unbedeutenden duldet.“ Goethe, Wahlverw. II, 5. Die untrennbare Vorsilbe er in erleiden und erdulden verstärkt die Bedeutung des Stammworts und deutet zugleich an, daß die Kraft der Höhe des Leidens gleichkommt. „Was noch bis dahin muß erduldet werden, | erduldets!“ Schiller, Tell II, 2. Aushalten ist: bei etwas bis ans Ende ausdauern, auch bei dem, was zwar an sich kein Übel ist, aber doch durch seine lange Dauer lästig wird, z. B. Schmerz, Kummer, Kälte, Hitze, eine Probe usw. aushalten. Man kann es auch bei einer Musik, bei einer schönen Vorlesung nicht aushalten, wenn sie gar zu lange währt.