72. Alt werden¹⁾. Altern²⁾. Veralten³⁾.
Alt werden heißt überhaupt bestehen, z. B. das Kind ist bloß zwei Wochen alt geworden, dann besonders lange bestehen (Gegens.: frühzeitig sterben oder vernichtet werden), z. B. Manche Menschen werden über hundert Jahre alt. „Man darf nur alt werden, um milder zu sein; ich sehe keinen Fehler begehen, den ich nicht begangen hätte“ (Goethe, Spr. i. Pr. 161). Bisweilen bezieht es sich auch auf die Abnahme der Kräfte und zeigt an, daß eine Person oder Sache zu ihrer Bestimmung untüchtig werde (Gegens.: jung, frisch, neu bleiben). In dieser Beziehung sagt man z. B.: er wird schon recht alt, d. h. er zeigt nicht mehr die Energie in seinem Tun, oder ein Kleid wird alt, wenn es durch vielen Gebrauch abgenützt, ein Haus, wenn es mit der Zeit baufällig wird. Altern hat nur die letzgenannte Bedeutung; namentlich hebt es aber das Altwerden in seiner Erscheinung und augenfälligen Wirkung hervor. Ein Mensch altert, wenn er durch das Alter seine Kräfte und Vorzüge verliert; hat das Alter diese Wirkung nicht, so spricht man von einem frischen, nie alternden Greise. — „Die Geister altern nicht, sie reifen mit den Jahren“ (Kästner). Veralten sagt man von dem, was außer Gebrauch kommt, z. B. eine veraltete Mode, ein veraltetes Wort usw. Von Personen wird es gewöhnlich nicht gebraucht. Ergrauen hebt das Grauwerden des Haares beim Altwerden hervor und hat gewöhnlich die Nebenbedeutung des Ehrwürdigen, z. B: ein im Dienst ergrauter Beamter, ergraute Hirten, ergraute Diener, eine in Aktenstaub ergraute Seele (Paul Heyse) u. a. Zu Jahren oder zu hohen Jahren kommen für alt werden sagt man nur im feierlichen Stile und in dichterischer Sprache.