193. Ausfragen¹⁾. Ausholen²⁾.
Wen wir ausfragen, von dem wollen wir durch Fragen etwas erfahren, wobei es gleichgültig ist, ob er die Absicht habe, es zu verbergen oder nicht. Ausholen aber bedeutet, durch scheinbar nebensächliche Fragen, von denen der Gefragte nicht ahnt, daß sie mit dem, was er verbergen will, in Verbindung stehen, die Wahrheit erfahren. „Mit seinen freundlichen Gebärden holet er dich aus.“ Sir. 13, 14. Doch ist ausholen in guter Sprache weniger gebräuchlich und wird da durch ausforschen u. a. ersetzt. Ausforschen, auskundschaften, aushorchen, herauslocken gehören nämlich als sinnverwandte Ausdrücke im Gegensatz zu ausholen sämtlich wie auch ausfragen der gewählten Sprache an. Ausforschen ist der vornehmste Ausdruck unter allen, weil er sich an das Wort forschen, das man vorwiegend von wissenschaftlichen Bestrebungen gebraucht, anschließt. Ausforschen heißt: forschend aus einem etwas herauslocken, z. B. Geheimnisse, die wahre Gesinnung jemandes usw. ausforschen, und hebt hervor, daß das, was man erfahren will, nicht leicht zu ergründen ist, daß also besondere Schwierigkeiten entgegenstehen; deshalb wendet man das Wort forschen an. Auskundschaften dagegen steht bedeutend niedriger als ausforschen. Es geht auf den Kriegsdienst zurück und hebt hervor, daß man etwas über die Verhältnisse des Feindes durch Kundschaft erfährt, z. B. eine Stadt auskundschaften, die Stärke des Gegners, die Stärke der Besatzung, einen Versteck usw. auskundschaften. Daher haftet ihm auch im übertragenen Sinne immer der Beigeschmack des Feindseligen an, z. B. er hat alle meine Verhältnisse ausgekundschaftet (um siegreich mit mir zu konkurrieren oder um mir zu schaden) usw. Eng verwandt mit auskundschaften ist ausspionieren, das gleichfalls auf den Kriegsdienst zurückgeht, aber im Unterschied von auskundschaften die Handlung als eine verächtliche und niedrige bezeichnet, entsprechend dem Worte Spion (eigentl. der Späher, auf althochd. spëhôn, spähen, zurückgehend, das in span. und prov. espiar, ital. spiare, franz. épier, überging, woraus sich das Substantivum franz. und span. espion, ital. spióne entwickelte, das dann als Fremdwort wieder zu uns kam). Aushorchen bezeichnet ein verstecktes, hinterhaltiges und hinterlistiges Auskundschaften, während herauslocken darauf hinweist, daß mit einer gewissen Gesprächskunst, die die Formen gewinnender und freundlicher Überredung annimmt, jemand ganz allmählich und Schritt für Schritt dazu gebracht wird, uns alles zu sagen, was wir wissen wollen. So wird oft in der Diplomatie weibliche List und Schmeichelei angewendet, um die Geheimnisse eines fremden Staates aus dessen Vertreter herauszulocken. Ein besonders derber und niedriger Ausdruck für ausspionieren ist ausschnüffeln, d. h. gleichsam seine Nase in alles hineinstecken und wie ein spürender Hund an allem herumschnüffeln, um das Verborgene zu erfahren.