66. Albern¹⁾. Dumm²⁾. Einfältig³⁾. — Albernheit⁴⁾. Dummheit⁵⁾. Einfalt⁶⁾.
Albern s. d. vorhergehenden Artikel. Dumm (ahd. tumb, mhd. tump, Gen. — bes = schwach von Sinnen oder Verstande, stumpfsinnig, dann aber auch: jugendlich unerfahren, ungelehrt) ist gegenwärtig vorwiegend in seiner tadelnden Bedeutung im Gebrauche, obwohl es in Stellen wie: „Da flog das Meislein auf ein Haus | und lacht den dummen Buben aus“ (Goethe, Götz v. Berlich. III, Schluß) die bloße Unerfahrenheit (die alte tumbheit), oder in den Worten: „Mir wird von alle dem so dumm | als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum“ (Goethe, Faust I) den Zustand der Betäubung und Verwirrung andeutet. Gewöhnlich bezeichnet es jetzt einen Menschen, dem es entweder an der gehörigen Verstandeskraft oder an der nötigen Ausbildung des Verstandes oder an beiden fehlt, um von bekannten Dingen sich richtige Begriffe zu machen (Gegens.: gescheit, d. i. einer, der zu scheiden versteht). Dummheit ist also ein Mangel an Schärfe des Verstandes. Einfältig (urspr. einfach, natürlich, im Gegensatz zu vielfältig, gekünstelt; doch ganz wie bei albern entwickelte sich schon im Mittelhochdeutschen aus der guten eine ungünstige Bedeutung; das mhd. einveltec hat schon zuweilen die Bedeutung leichtgläubig, und das mhd. einveltikeit heißt an manchen Stellen schon: Albernheit) bezeichnet einen solchen Menschen, der durch die engen Schranken seiner Verstandeskräfte auf einen Wirkungskreis eingeschränkt wird, der nur einen oder wenige nicht sehr ungleichartige und nicht in verwickelten Verhältnissen zueinander stehende Gegensätze enthält. Einfalt bezeichnet also eine Beschränktheit des Verstandes. „Einfältig ist der, welcher nicht viel durch seinen Verstand auffassen kann, aber er ist darum nicht dumm, wenn er es nicht verkehrt auffaßt“ (Kant 10, 217). Die alte, gute Bedeutung von einfältig ist keineswegs schon ganz erloschen, sie erhält sich noch in Wendungen wie: ein schlichter, einfältiger Mann, ein einfältiges Herz usw. Doch hat das Wort in diesem Sinne einen altertümlichen Klang und wird daher hauptsächlich von Dichtern verwandt, die gern nach dem Alten greifen, weil dieses sinnlich kräftiger ist; in der Umgangssprache wird dagegen das Wort (in seiner günstigen Bedeutung) gewöhnlich durch einfach ersetzt: ein schlichter, einfacher Mann usw. Das Substantivum Einfalt ist in der guten Bedeutung noch gebräuchlicher, als das Adj. einfältig. Man setzt z. B. Einfalt des Herzens, Einfalt der Natur usw. „Dadurch allein legitimiert es (das Genie) sich als Genie, daß es durch Einfalt über die verwickelte Kunst triumphiert“ (Schilller, Über naive und sentimentalische Dichtung). Vielfach wird gegenwärtig auch das Wort Einfalt nur im guten Sinne gebraucht und für die schlimme Bedeutung das Wort Einfältigkeit verwendet. Man findet diesen Unterschied zuerst bei Schiller; er unterscheidet a. a. O, kindliche Einfalt und kindische (Einfältigkeit). „Es ist übrigens gar nicht so leicht, die kindische Unschuld von der kindlichen immer richtig zu unterscheiden, indem es Handlungen gibt, welche auf der äußersten Grenze zwischen beiden schweben, und bei denen wir schlechterdings im Zweifel gelassen werden, ob wir die Einfältigkeit belachen oder die edle Einfalt hochschätzen sollen“ (Schiller, ebenda). Doch gebraucht Schiller für Einfalt (im guten Sinne) auch Einfachheit, z. B. „Der Spott über die Einfältigkeit geht in Bewunderung der Einfachheit über“ (ebenda). — Albern ist nur in ungünstigem Sinne im Gebrauche und ist von den drei Ausdrücken der stärkste und herbste. Das richtige Substantivum zu dem alten alber war Alberkeit, das jedoch durch das im vorigen Jahrhundert entstandene Albernheit ganz verdrängt worden ist. Der Alberne ist tätig, lebhaft, geschwätzig, aber auf eine linkische und abgeschmackte Art; der Dumme ist untätig, plump, tölpisch; der Einfältige ist nur zu einer oder der anderen Art von Geschäften tüchtig, zu denen nicht viel Verstand gehört, und diese verrichtet er langsam und einförmig. Der Alberne ist nicht gegen alle Eindrücke unempfindlich, aber er faßt sie verkehrt auf; seine Augen sind in Bewegung, aber in einer unsteten und absichtlosen. Der Dumme starrt vor sich hin ohne sichtbare Teilnahme an dem, was ihm nahe ist. Der Einfältige nimmt nur an dem teil, was zu seiner engen Sphäre gehört, und in dieser bewegt er seine Augen langsam herum. Der Dumme wird durch nichts gerührt, er bleibt bei den empfindlichsten Vorfällen unberührt. Den Einfältigen rührt nur das, was ihm für seinen kleinen Wirkungskreis interessant ist. Den Albernen rühren die Dinge, die ihn umgeben, aber ganz verkehrt; er lacht, wo er weinen, und weint, wo er lachen sollte; er schweigt, wo er reden, und redet, wo er schweigen sollte.